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Fans und Interaktionen war gestern – Veraltetes Denken bei Facebook-Marketing

Veraltetes Denken im Facebook-Marketing

Gut zwei Wochen sind seit der F8 vergangen, an der wegweisende und bahnbrechende Neuerungen und Erweiterungen im Bereich des Facebook-Marketing vorgestellt wurden. „Chat Bots für den Messenger, Live-Video API und Live Video für alle, Instant Articles für alle Publisher, Facebook Surround 360, Profile Expression Kit, Account Kit, Quote Sharing“ usw. Eines steht fest: Facebook verändert sich und versucht dabei stets seiner Zeit einen Schritt voraus zu sein. Der Anteil der Facebooknutzung auf Smartphones und Tablets dominiert nach wie vor und wird in den kommenden Jahren eine immer wichtigere Rolle spielen. Dementsprechend verändert sich die Nutzererfahrung sowie deren Ansprüche. Menschen suchen die Facebook-App zwar häufiger, dafür jedoch deutlich kürzer auf. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich Multimedia Inhalte, die auf Grund verbesserter Data-Flatrates und schnellerem mobilen Internet zusehends häufiger konsumiert werden. Die Zustimmung oder Ablehnung mit und von Inhalten kann seit kurzem über Reactions ausgedrückt werden. Die Notwendigkeit einen Kommentar zu hinterlassen, um Gedanken und Gefühlen Ausdruck zu verleihen, besteht nicht mehr. Mittels Love, Haha, Wow, Angry und Sad kann das Empfinden mit nur einem Klick mitgeteilt werden.

Inhaltsverzeichnis

Das Dilemma mit den Interaktionen und der organischen Reichweite

Die angeblich stetig weitersinkende organische Reichweite hält sich hartnäckig als Dauergesprächsthema unter Facebook-Marketern. Aufgrund dessen lautet das erklärte Ziel oft, die organische Reichweite zu vergrößern. Das eine Korrelation zwischen organischer Reichweite und einer Vielzahl an Interaktionen besteht, liegt klar auf der Hand: Wenn Nutzer mit dem Beitrag interagieren, wird dieser auch an dessen Freunde ausgestrahlt. Das heißt, je mehr Nutzer mit einem Beitrag interagieren, desto höher ist die Anzahl der erreichten Freunde. Ergo, die organische Reichweite benötigt Interaktionen.

Zwangsläufig stellt sich nun die Frage, wie es zu bewerkstelligen ist, diese Interaktionen auch zu bekommen? Als Patentrezept gilt es sicherlich Inhalte zu publizieren, die bei der Community auf Anklang stoßen und thematisch interessant genug sind, um Reactions und/oder Kommentare hervorzurufen. Eines steht fest: gute und zielführende Inhalte zu erstellen kostet Zeit. Genau an diesem Punkt liegt das Problem. Witzige Inhalte, Bilder von Katzen und Katzenbabys, sinnfreie Sprüche und tiefsinnige Zitate erzeugen zwar viele Interaktionen, entsprechen jedoch zu keiner Zeit den Unternehmens- bzw. Markeninhalten und haben mit Facebook-Marketing eigentlich nichts zu tun. Sie sind also interaktionsstark, missen jedoch gleichzeitig jedwedes Ziel der unternehmerischen Facebook-Aktivitäten und sind somit absolut sinnlos, da außer dem Absender kein Bezug zur eigenen Marke und keine Relevanz für die interessierte Zielgruppe besteht. Schlussfolgernd bedeutet das, dass die Facebook-Aktivitäten des Unternehmens auf Interaktionen abzielen, die für die unternehmerische Zielsetzung absolut bedeutungslos sind. Ein Beispiel:

Beispiel Interaktion

Ein Beispiel auf der Facebook-Seite von Lidl

Interaktion als Zielsetzung – Schnee von vorgestern

Um die Frage beantworten zu können, warum Interaktion als Zielsetzung einer Kampagne ausgewählt wird, müssen wir einen Blick in die Vergangenheit des Facebook-Marketing werfen. Vor einigen Jahren galt die Doktrin, dass Social-Media- und insbesondere Facebook-Marketing auf Dialog und Interaktion basieren würde. Eine Zeit, zu der Reichweite und Zielerfüllung kaum messbar waren und Dialog und Interaktion als Garant für Sichtbarkeit fungierten. Zudem waren sie die einzige Möglichkeit, zusätzliche Sichtbarkeit zu generieren. Eine für die eigenen Ziele relevante Zielgruppe direkt anzusprechen war schlicht unmöglich. Von 2008 bis 2012 konnten publizierte Beiträge ohnehin nur die eigenen Fans einer Seite erreichen.

Sollten Nutzer außerhalb der Fangemeinde angesprochen werden, waren Interaktionen notwendig, sodass Freunde des Nutzers sahen, dass dieser mit dem Inhalt interagiert hatte. Aufgrund dieser Rahmenbedingungen waren eine große Fangemeinde in Verbindung mit hohen Interaktionswerten eine absolute Notwendigkeit im Facebook-Marketing, um viele Menschen zu erreichen. 2012 führte Facebook zwar Werbeanzeigen im Newsfeed ein, jedoch wurden diese zunächst auch nur an Fans ausgestrahlt. Erst in der zweiten Hälfte desselben Jahres ermöglichte es Facebook Marketern, auch Nicht-Fans als Zielgruppe auszuwählen. Das bedeutet, dass diese Doktrin Interaktionen benötigte, um Sichtbarkeit außerhalb der eigenen Fans zu erzielen.

Drei Jahre später geistert Interaktion als Zielsetzung nach wie vor in den Köpfen vieler Werbetreibender. In diesem Zusammenhang wird auch auf die veralteten und nicht mehr notwendigen KPIs Gefällt-mir Angaben, Shares und Kommentare zurückgegriffen. „Massnahmen werden dem Ziel geschuldet, auf Interaktion ausgerichtet, dh. Facebook wird, anstelle des ‚wie‘ zum ‚warum‘, also zum Selbstzweck. In einer sinnvollen Strategie für Marketingmassnahmen mit Facebook stellt allerdings Facebook immer nur das ‚wie‘ dar und mit Sicherheit nicht das ‚warum‘.“ (Quelle: Thomas Hutter)

Zielsetzung Fans: manchmal sinnvoll, meist sinnlos

Gemäß der aktuellen Doktrin spielen Fans in der Zielsetzung keine große Rolle mehr. Zweifelsohne kann Fans der Sinn nicht generell zu- oder abgesprochen werden, doch lohnen sie nur in sehr wenigen Fällen. Hat eine Facebookpage viele Fans, sendet das positive Signale, ist jedoch für die Zielerreichung nicht zwingend notwendig. Ihre Daseins-Berechtigung besteht viel mehr im Social Context. Mit einer großen Anzahl Fans können mehr Menschen im Social Context erreicht werden. Freunde, die ein Fan der Seite sind, werden vor der Werbeanzeige eingeblendet und lassen die Werbung so vertrauter wirken. Anzeigen dieses Formates sind in der Regel erfolgreicher. Fans sind ebenfalls sinnvoll, wenn ein Unternehmen das Ziel hat, diese möglichst oft mit Werbebotschaften anzusprechen. Werbeanzeigen werden im Newsfeed doppelt so oft an Fans ausgestrahlt wie an Nicht-Fans. Ein Fan kann pro Tag bis zu vier Werbeanzeigen im Newsfeed sehen, nicht Fans hingegen lediglich zwei. Unter Berücksichtigung, dass Awareness-Zielsetzungen mehr als acht Impressionen brauchen, um eine Steigerung zu erzielen und je nach Ziel mehrere Anzeigen parallelgeschaltet werden, ist die Möglichkeit Menschen mehrfach zu erreichen in diesem Fall enorm wichtig. Um eine „normale“ Reichweite zu erzielen, sind Fans jedoch nicht notwendig. Reichweite kann gezielt eingekauft und die Beiträge an echte Interessenten ausgestrahlt werden.

Fans sind wie Medizin – Viel hilft viel

Nach wie vor ist die Fangewinnung, bzw. der veraltete KPI Fans ein wichtiger Punkt in vielen Marketingstrategien. Oft wird dabei dann auch versucht, so viele Fans wie möglich zu einem möglichst niedrigen Preis zu gewinnen. Zum einen sind Maßnahmen der Fangewinnung kaum notwendig, sodass das Budget für andere, wichtigere Ziele eingesetzt werden könnte. Andererseits sind die Kosten pro gewonnenem Fan nur oberflächlich gesehen entscheidend. Ein kosteneffizient gewonnener Fan kann später nur mit großem finanziellem Aufwand im Newsfeed erreicht werden. Die mit einer hohen Anzahl von Fans vermeintlich gewonnene organische Reichweite ist ein Trugbild, da genau diese Fans organisch nicht erreicht werden können, sodass hohe Budget aufgewendet werden müssen.

Facebook-Marketing: Interaktionen und Dialog – Veraltet und doch aktuell

Obgleich Interaktion und Dialog als veraltet bezeichnet wurden, sind sie dennoch wichtige Bestandteile von Facebook – es stehen lediglich für Marketingziele und Branding inzwischen bessere Ansätze zur Verfügung.